Alexander-von-Humboldt-Gymnasium

der Stadt Bornheim 

Es hätte auch anders kommen können !

Unter Mitwirkung von Herrn Köpf, einem Schülervater und selbst Englischlehrer, hat die Fachkonferenz Englisch am 15.10.2003 motiviert beschlossen, das Angebot eines Austauschs mit einer Schule in London zu initiieren. Mit der weiteren organisatorischen Leitung wurde ich beauftragt.

Im Dezember ging ein Einladungsschreiben an die Eltern raus und nochmals im März 2004; die Euphorie war allseits zu spüren.

Und dann kam diese Mail von Bob Lockwood!

Hello Rudi,

I’ve just spoken to parents this evening and I am sorry to say that we cannot proceed with the exchange. We just don’t have enough students who are committed to the trip. After all of the time we have spent on this, I am sure you will be as disappointed as I am.

A lot of people expressed interest, but for one reason or another, could not commit themselves. Below is a list of students (13 students) who would definitely have liked to come to Germany.

I have evening meetings today and Tuesday, but I shall call you on Wednesday evening to see if we can salvage something positive from this.

Speak to you soon.  Bob Brenzlige Tage, aber letztlich zahlte sich allseitige Hartnäckigkeit aus, und die Hoffnung stirbt ohnehin zuletzt. An dieser Stelle sei den englischen Familien gedankt für ihre Gastfreundschaft, unsere 13 AvH-Schüler und Schülerinnen dennoch aufzunehmen, wohlwissend, dass ihre Kinder den Besuch ihrerseits nicht erwidern können würden. 

Aus diesem Jahrgang 2003/04 kamen die Pioniere, denen 13 weitere Jahrgänge folgten, denn bis 2017 konnte das AvH jeder Jahrgangsstufe 8 dieses Angebot machen ! So haben letztlich zwischen dem ersten Flug am 19.06.2004 ab Köln/Bonn und dem letzten Rückflug nach London am 07.07.2017 etwa 400 Schüler und Schülerinnen teilgenommen.

Dieser Austausch mit der Fortismere School war nie ein kommerzielles Projekt, sondern vielmehr ein echter Austausch, der auf der Gegenseitigkeit der Besuche basierte, was persönlich und (fremd)sprachlich herausfordernd war und das Erlebnis der jeweils anderen Kultur vertiefte, insofern sich die Teilnehmenden engagierten.

Und wenn man die Familien mit einbezieht, die jedes Jahr beteiligt waren,  und die Sichtbarkeit im Schulleben des AvH und der Schule in London, wird klar, dass dieser Austausch „eine große Nummer“ war. Und etwas später kam der Austausch mit Frankreich hinzu! Darüber kann das AvH stolz sein.

Die Attraktivität sprach sich natürlich herum, was das Interesse anfachte, zum Teil das Dreifache der zur Verfügung stehenden Plätze von meist 25 erreichte.  Bis auf wenige Ausnahmen mussten wir von der Fachschaft losen, wer letztlich die „Glücklichen“ waren, die mitkommen konnten. Das gefiel so nicht allen, v.a. wenn das eigene Kind davon betroffen war. Und wenn es nicht im Frankreich-Austausch Aufgaben übernommen hatte, so war (fast) jedes Mitglied aus der Fachschaft Englisch mit unterschiedlichen Aufgaben involviert, denn für sie war es motivierend, ihre Schüler und Schülerinnen in realen fremdsprachlichen Situationen zu erleben. Auch ihnen sei nochmals gedankt für ihr Engagement.

Nach vielen Jahren der Erfahrung wurde das Ende eingeläutet nicht direkt durch den Brexit, der 2016 politisch entschieden wurde, sondern durch das schwindende Interesse in Großbritannien an Deutsch als Fremdsprache, so auch in Fortismere – statt dessen hatte Mandarin dauerhaft zugelegt. Die (gesellschafts-)politischen Rahmenbedingungen hätten die Durchführung vermutlich ohnehin erschwert.

Die Fortismere School liegt im Norden Londons, in einem gehobenen Wohnviertel und einem sehr differenzieren Schulprofil. Der Austausch wurde betreut von Herrn Lockwood und von Frau Merkel-Jordan, eine Kollegin aus Erlangen, seit Jahren im englischen Schuldienst. Leider verstarb sie zwei Jahre nach ihrer Pensionierung.

Jeder Austausch dauerte in London 10 Tage, für den Gegenbesuch in Bornheim genehmigte die englische Schule allerdings nur 7. Die Terminierungen mit Fortismere und mit dem Frankreichaustausch waren nicht immer einfach. So haben die Schüler und Schülerinnen 2009 die Lernstandserhebung Englisch nicht in Bornheim, sondern in London geschrieben, schon etwas bemerkenswert.

Diese Wochen waren jeweils sehr intensiv, im offiziellen Teil wie im privaten Teil, aber kein Besuch musste vorzeitig abgebrochen werden. Von Heimweh haben wir nur am Anfang etwas erfahren, wohl aber von mehreren Alkoholmissbräuchen in Bornheim.

Bei unseren Verabschiedungen in London haben uns die englischen Eltern häufig viel Anerkennung für das insgesamt freundliche Verhalten unserer Schüler und Schülerinnen mit auf den Weg gegeben – und immer deren Sprachkompetenz herausgehoben.

Die Intensität ergab sich auch aus dem dichten Programm in London wie in Bornheim. Der obligatorische Besuch in der Schule war dabei noch am schwierigsten und kritischsten zu organisieren. Die Unterschiede sind allen Beteiligten schnell klar geworden: vom Schulgebäude über Kleidungsvorschriften (allerdings nur kurze Zeit), über die zeitliche Gestaltung und die Lernatmosphären. Jeder nimmt so seine eigenen Eindrücke mit. Wir waren bemüht, eine Balance zu finden zwischen Entertainment und Education. So gab es jeweils Bowling, und bei uns, ja klar, das Phantasialand, Burgen im Rheinland oder Klettern in Brühl, U-Bahnfahrten in London rauf und runter, Einstiegs-  und Endstation stets East Finchley., Stadtrundfahrt mit dem Bus, die Sehenswürdigkeiten (Mme Toussaud, St. Paul, Brick Lane….), in Cambridge oder Oxford.  In den letzten Jahren hatte sich unsere Großgruppe in drei Untergruppen aufgeteilt, die ihre Ziele z.T. selbständig organisieren konnten.

Intensiv war auch die Zeit außerhalb der schooltime, in der Freizeit, während der die Familien eingebunden waren, allen voran die Eltern. Und es war oft Party-time.

Ach ja, da waren auch die Fußballturniere alle zwei Jahre, bei denen wir, aus unterschiedlicher Perspektive, mitleiden konnten: von der verkorksten EM in Portugal 2004, über das „Sommermärchen“ und der WM in Brasilien 2014 bis kurz vor der EM in Russland 2018, die wieder verkorkst war…

Eine persönliche Anmerkung: ein Highlight für mich waren die Begegnungen 2014 und 2015 mit Herrn Bernd Koschland in Fortismere. Er ist ein Jude, der 1939 als Kind mit dem historischen Kindertransport von Fürth nach England kam. Diesen Transporten ist eine beeindruckende Bronzeskulptur an der Liverpool Street Station gewidmet. Herr Koschland sprach als authentischer Zeitzeuge zu beiden Schülergruppen in Englisch, im zweiten Jahr auch in Deutsch. Die Empathie war zu spüren. – Zwei Jahre später, im November 2016, abgestimmt auf die Reichsprogromnacht, hatte ich ihn zu einem Besuch am AvH eingeladen.

“Und wie finanzieren Sie all dies?“, fragte ein Elternteil verständlicherweise auf einem Vorbereitungsabend.  Die Elternbeiträge stiegen von 250€ in 2005 bis auf 325€ in 2017 (+2,5%/a). Kommerziell gerechnet nie möglich! Berücksichtigt man aber die nicht näher bezifferbaren finanziellen Aufwendungen der Eltern, werden die Beträge realistischer. Und: das AvH war in jenen 14 Jahren jeweils daran beteiligt mit der schulinternen, aber nicht explizit dokumentierten Verrechnung mit Vertretungsstunden usw., das Finanzamt mit den Steuererklärungen der beteiligten Lehrkräfte. Den Rücken freigehalten haben das Kollegium und die Schulverwaltung uns immer. Regelungen durch den Wanderrahmenplan gab es aber erst in den späteren Jahren.

Und was ist bei all diesen Ausgaben heraus gekommen ? Bildung ist nun nicht mit dem finanziellen Rechenschieber zu bemessen, weder im persönlichen Bereich, noch im gesellschaftlichen. Und die Kosten sind nicht alles!

Die Römer hätten diese kluge Antwort gegeben: Semper aliquid adheret. (Es bleibt immer etwas hängen.) Aber was ? Das kann letztlich nur jeder, jede Einzelne für sich beantworten, wenn dies überhaupt bewusst wird. Und nicht alles Positive oder Negative dringt nach außen. Eine zeitnahe Evaluation wäre vielleicht hilfreich gewesen, aber auch zu aufwändig. Notenmäßige Veränderungen, hoffentlich zum Besseren, sind nicht unbedingt aussagekräftig. Bei den jährlichen Verabschiedungen in London bzw auf dem Köln/Bonner Flughafen hat die Mehrzahl der Eltern sich bei uns Organisatoren bedankt und unser Engagement gewürdigt. Aber was zählt mehr als die herzlichen, z.T. tränenerfüllten Verabschiedungen der Partner und Partnerinnen, manchmal im Pulk, wenn es hieß: „Good-bye“ ?

Und noch eine persönliche Anmerkung hierzu am Schluss. Ich habe den Deutsch-Englischen Austausch in diesen 14 Jahren mit viel Freude und Engagement und in Kooperation mit der Fachschaft Englisch sowie mit Frau Ute Merkel und Mr. Bob Lockwood organisiert, weil ich selbst ein „Kind des Austauschs“ bin. In der Untertertia (heute: Jahrgangsstufe 8) hatte ich selbst auch die Chance eines Austauschs (drei Wochen in England und drei Wochen in Deutschland ! ), der mich nach drei Jahren mageren Erfolgs in Englisch ermutigt hat. Und da ich in England eine Familie kennengelernt hatte, die mich später zu vier Wochen in Schottland eingeladen hatte, hatte ich mir am Ende so viel Selbstvertrauen in Englisch erarbeitet, dass ich mich später zu einem Englischstudium entschließen konnte. (Voraussetzung dafür, später Englischlehrer am AvH zu werden.) Und noch heute habe ich eine freundschaftliche Beziehung zu Mary und Bill Tompson in Schottland – sowie zu meinem Kollegen Bob in London, der seine Perspektive in einem eigenen Text beigesteuert hat. Ich würde mich freuen, von Ähnlichem zu erfahren, vielleicht über diesen Weg.

Ein besonderer Schüleraustausch – Freundschaft über Grenzen hinweg von Bob Lockwood

Seit vielen Jahren bestand eine enge und erfolgreiche Partnerschaft zwischen der Fortismere School in Nordlondon und dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Bornheim. Der Schüleraustausch zwischen den beiden Schulen hatte sich zu einer festen Tradition entwickelt – und zu einer Erfahrung, die sowohl für die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler als auch für die Lehrerinnen und Lehrer unvergesslich bleibt. 

Alles begann mit der Initiative von Rudi Dopstadt und Bob Lockwood, die vor vielen Jahren die Zusammenarbeit ins Leben riefen. Die beiden sind bis heute enge Freunde geblieben – ein schönes Symbol für die Freundschaft, die dieser Austausch fördert. Auch viele ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben noch immer Kontakt zu ihren Austauschpartnerinnen und -partnern, oft über viele Jahre hinweg. 

Der Austausch war immer mehr als nur eine Reise ins Ausland. Neben spannenden Ausflügen und abwechslungsreichen Aktivitäten – sei es in London oder in Bornheim – standen auch gemeinsame Schultage im Mittelpunkt. Diese gaben den Jugendlichen Einblicke in das Alltagsleben und das Schulsystem des Partnerlandes und erweiterten so ihren Horizont. 

Ein besonderer Dank gilt auch den Eltern, die durch ihre Gastfreundschaft und Unterstützung entscheidend dazu beigetragen haben, dass der Austausch für alle Beteiligten zu einer wirklich lebensverändernden Erfahrung wurde. 

Ob beim Erkunden der Sehenswürdigkeiten Londons oder beim gemeinsamen Lernen in Bornheim – der Austausch war stets geprägt von Neugier, Offenheit und vor allem viel Spaß. Er hat Generationen von Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften geprägt und gezeigt, dass internationale Begegnungen Brücken bauen, die ein Leben lang halten können.