Als junge Lehrerin mit französischen Wurzeln und Identität begann ich 1981 an einem Gymnasium in Köln meine Laufbahn als Französisch- und Geschichtslehrerin. Von Anfang meines Studiums an war für mich klar gewesen, dass ich meinen zukünftigen Schülern vorleben wollte, dass eine länderübergreifende Freundschaft für alle Beteiligte eine Bereicherung war und ist. Nur so können Nachbarn zu Freunden werden und keine Kriege mehr gegeneinander führen.
Daher suchte ich schon 1982 eine Partnerschule in Frankreich zeitgleich zu einer jungen französischen Kollegin, die genauso dachte wie ich.
Seit 1983 haben wir beide regelmäßig den deutsch-französischen Austausch geleitet und begleitet, was -nebenbei bemerkt- als junge Mütter nur mit einer guten Unterstützung der Familien und einer ausgeklügelten Logistik funktionieren konnte.
Als ich 1999 mit meiner Familie nach Bornheim zog und dann auch eine Stelle am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium bekam, wollte ich natürlich auch, dass der Austausch weitergeführt wird.
Mit großer Unterstützung von Frau Dr. Engelhard konnten meine französische Kollegin und Freundin Laurence Lullien und ich auch am AvH den Austausch reibungslos wieder aufbauen. Auf einer dieser Austauschfahrten hat Frau Dr. Engelhard uns begeistert begleitet.
So fuhr jeweils eine deutsche Austauschgruppe an das Collège Henry-Guillaumet in Jouy-Le-Moutier/Cergy bei Paris.

Blick auf Cergy
Eine französische Gruppe kam dann zu uns ins Vorgebirge. Stets wurden alle Schüler/innen immer herzlich empfangen und verbrachten dort zusammen in ihren Austauschfamilien und in der jeweiligen Schule viele Stunden. Auch ein Einladung bei den jeweiligen Bürgermeistern musste immer mit eingeplant werden.
Diese offizielle Wertschätzung kam bei allen gut an.
So lernten unsere Schüler/innen das französische Schulsystem und den Unterricht dort kennen, der sich doch z.T. stark von unseren deutschen Methoden unterschied. Wir sahen oft den Frontalunterricht, und unsere Schüler/innen beklagten sich bei uns Lehrer/innen, dass eine Doppelstunde dann doch sehr langatmig wurde. Die Schüler/innen staunten sehr, dass sie sich am Ende einer großen Pause mit ihren französischen Partner/innen auf dem Schulhoff aufstellen und warten mussten, bis sie dort vom jeweiligen Fachlehrer oder Fachlehrerin abgeholt wurden und dann zu zweit leise in ihre Fachräume gehen konnten. Auch endete der Unterricht -eine Schulstunde dauerte dort 55 Minuten- meistens erst um 17:00 Uhr, bei uns damals für die Unter- und Mittelstufe schon meistens um kurz nach 13:00 Uhr, nach 6 Schulstunden à 45 Minuten. Unsere Schüler/innen lernten zunehmend, das deutsche Schulsystem zu schätzen.
Wir unternahmen Ausflüge in die nähere Umgebung. Cergy, Haupt-und Verwaltungszentrum von 14 kleineren Gemeinden, vergleichbar mit Bornheim, wurde in den letzten Jahrzehnten immer weiter ausgebaut, naturnah und jeweils gut erreichbar.
Highlights waren aber ohne Frage die vielen gemeinsamen Ausflüge, hier im Vorgebirge konnten wir Lehrer/innen alle Tage mit Aktivitäten verplanen, auch 2 gemeinsame Schultage waren dabei, in Frankreich war das leider nicht so einfach. Dort durfte nur an 3 Tagen in der Zeit des Austausches für die französischen Teilnehmer/innen der Unterricht ausfallen.
Hier fuhren wir nach Bonn und in das Siebengebirge, an die Ahr und in die Eifel, zeigten den französischen Schüler/innen das römische Köln und das mittelalterliche Aachen Karls des Großen, dem Stammvater Europas.
In Frankreich fuhren wir z.B. an die Loire, besichtigten Städte wie Blois oder Chateaus wie Versailles gemeinsam.

Château Chambord bei Blois an der Loire
Wir besuchten Betriebe wie eine Hotelfachschule, einen Herstellungsbetrieb für Apfelsaft/Cidre, besichtigten große Einkaufszentren mit ihrer enormen Logistik wie Bäckereien und und und …..
Die Hauptstadt Paris war natürlich das absolute Highlight, die Reise dorthin im Thalys der französischen Eisenbahnen ein gelungener Auftakt, denn in den ersten Jahren zockelte unser
D-Zug gemächlich durch Belgien und Nordfrankreich. Die Spannung stieg! Später übernahm dann der Schnellzug Thalys die Aufgabe, uns sicher mit über 300 km/h nach Paris zu fahren, eine Zeitersparnis von 4 Stunden! Paris …. Diese Stadt schlug alle sofort in ihren Bann und stellte uns Lehrer/innen vor die Aufgabe, unsere Schüler/innen trotz aller Ohhhs und Ahhhs mit kompletten Gepäck in die Metro oder RER zu begleiten, damit wir ohne Verluste im Collège von Jouy in Empfang genommen werden konnten. Natürlich konnten wir nur eine Auswahl von Sehenswürdigkeiten, Museen (Louvres/ Musée d‘Orsay u.a.) und anderen Attraktivitäten der Stadt und ihre Geschichte den Schüler/innen näher bringen, die Kürze der Reise sollte ja einen Anreiz bieten, sich auch privat mit Land und Leuten zu beschäftigen.

Paris, Opéra Garnier

Opéra Garnier, Deckengemälde von Marc Chagall
So wurde auch der Grundstock für so manche private deutsch-französische Freundschaft gelegt, denn auch so einige Eltern unserer Schüler besuchten sich gegenseitig.
Aber auch die gemeinsame Geschichte wurde debattiert und aufgearbeitet.
Als Kind deutsch-französischer Eltern, die sich während des 2.Weltkrieges kenngelernt hatten, konnte ich aus 1.Hand sozusagen von großen Schwierigkeiten auch innerhalb der beiden Familien berichten, die den 2.Weltkrieg erlebten, sich danach erst einmal versöhnen und zusammenfinden mussten. Die Schüler/innen waren dann immer sehr beeindruckt.
Damit die Gemeinsamkeiten und auch schwierigen Zeiten von Krieg und Zerstörung nicht in Vergessenheit geraten, besuchten wir in Caen in der Normandie das große Memorial zum 2.Weltkrieg, das sehr großen Eindruck hinterließ.
Der 21. Januar eines jeden Jahres wurde hier in Bornheim und auch in unserer Partnerschule dann der Deutsch-Französischen Freundschaft gewidmet, ganz im Geiste von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer.
Das Interesse an Frankreich und der Landessprache, die nicht so leicht zu erlernen ist, nahm erheblich zu. Die Abiturienten schlossen in diesem Fach durchweg gut ab.
Ich hoffe und wünsche mir natürlich, dass auch zukünftige Austauschschüler/innen, egal welche Sprache sie erlernen und welches Land sie auch immer besuchen werden, diesen Geist der Freundschaft weitertragen.
Monique Keusekotten